Der Titel Trutz-Nachtigall bezeichnet eine Sammlung von 51 bzw. 52 geistlichen Gesängen, die als „die schönste Gedichtsammlung des [17.] Jahrhunderts“ bezeichnet wurde (Josef Nadler). Das Werk erschien 15 Jahre nach Spees Tod im Jahre 1649 bei Wilhelm Friessem in Köln, zeitgleich mit dem Güldenen Tugend-Buch. Parallel zu Martin Opitz – jedoch ohne von ihm beeinflusst zu sein – versuchte Spee in seiner Trutz-Nachtigall, einen eigenständigen Beitrag zur deutschsprachigen Lyrik seiner Zeit zu leisten, wie er im Vorwort der Liedersammlung betont. Dabei knüpfte Spee formal an die antike Schäferlyrik Vergils an, transformierte jedoch deren Bildsprache in den motivischen Zusammenhang einer theologisch bzw. christologisch akzentuierten Passionslyrik. Die mit großem Kunstverstand angelegte Trutz-Nachtigall ist bis ins Detail hinein durchkomponiert: Das Werk charakterisiert seinen Verfasser als einen poeta doctus, einen gelehrten Dichter, der virtuos mit der klassischen und humanistischen Tradition umgeht und sie nach eigenen, religiösen Gesichtspunkten umformt.

Ursprünglich beabsichtigte Spee, den Gedichten der Trutz-Nachtigall emblematische Zeichnungen vorzuschalten – so wie auf dem Titelblatt geschehen. Dort begegnen sich in einer fiktiven Topographie (locus amoenus) der gekreuzigten Christus und die ihn suchende Seele; der Pfeil der Christusliebe hat bereits deren Herz durchbohrt. Die Darstellung wurde von Spee entworfen und ist inspiriert von dem emblematischen Andachtsbuch Pia desideria des belgischen Jesuiten Hermann Hugo (1558-1629).
Ein 1634 abgeschlossenes Manuskript der Trutz-Nachtigall liegt in der Stadtbibliothek Trier (Sign. Hs 1118/2283 8°). Eine weitere Kopie, das sogenannte "Straßburger Autograph" (Bibl. Nat. et Univ. Strasbourg, Sign. Ms 2328. L. germ. 353), ist noch etwas älter als die Trierer Handschrift und gilt als das ‚Arbeitsheft‘ des Dichters.

In der Romantik wurde die Trutz-Nachtigall neu entdeckt und im Sinne einer „geistlichen Volksliedsammlung“ gedeutet (Friedrich Schlegel). Etliche Lieder Spees aus dem Güldenen Tugend-Buch und der Trutz-Nachtigall fanden Eingang in romantische Gedichtsammlungen, etwa in die von Clemens Brentano (1778-1842) und Achim von Arnim (1781-1831) im Jahre 1806 veröffentlichte Kompilation Des Knaben Wunderhorn.


siehe auch: Werksausgabe


Trutz nachtigal 1654

Frontispiz der 1654 in Köln gedruckten Trutz-Nachtigall. (Bildnachweis)