Am bekanntesten ist Friedrich Spee bis heute durch sein engagiertes Auftreten gegen die Hexenverfolgungen: In seiner 1631 bei Peter Lucius in Rinteln anonym erschienenen Schrift Cautio criminalis seu de processibus contra Sagas Liber (Rechtlicher Vorbehalt oder Buch über die Prozesse gegen Hexen) wandte sich Spee an alle Personen und Institutionen, die an der Durchführung von Hexenprozessen beteiligt waren. Gegenüber Landesherren, Richtern, Anwälten, Zeugen, Schöffen und sonstigen involvierten Personen forderte er ein transparentes, ‚rechtsstaatliches‘ Verfahren. Er verteidigte die Rechte der als Hexen angeklagten Frauen und Männer, zweifelte den Wahrheitsgehalt unter der Folter abgelegter Geständnisse an und wandte sich gegen die Verurteilung auf der Basis nicht verifizierbarer Zeugenaussagen. Die Tatsache, dass Spee sein Werk anonym veröffentlichen musste, beweist, wie wagemutig sein Vorstoß gegen die weitgehend akzeptierten Aussagen dämonologisch-juristisch geprägter Schriften war.

Das juristische und ideengeschichtliche Fundament für die Hexenverfolgungen des 16. und 17. Jahrhunderts wurde durch eine Reihe von dämonologischen und rechtswissenschaftlichen Schriften gelegt. Die in der breiten Öffentlichkeit wohl bekannteste Schrift stellt die 1486 erschienene Schrift Der Hexenhammer (Malleus malleficarum) des Dominikaners Heinrich Institoris (1430-1505) dar – ein Werk, das zwar einen wesentlichen Beitrag zur juristisch-ideellen Begründung der Hexenverfolgungen leistete, doch nicht als direkter Auslöser großer Verfolgungswellen gelten kann und daher von eher begrenzter Bedeutung war.
Die zweifelhafte Ehre, einer der Auslöser für die Verfolgungen zu sein, gebührt vielmehr einem anderen Werk: Das 1589 in lateinischer Sprache veröffentlichte Traktat De confessionibus maleficorum et sagarum (Über die Bekenntnisse der Zauberer und Hexen) des Trierer Weihbischof Peter Binsfeld (1546-1598) befürwortete kompromisslos die massive und unbeschränkte Folter sowie die Verbrennung sogenannter Hexen. Die Schrift erfreute sich unter Juristen, Gelehrten und Amtspersonen derart großer Beliebtheit, dass sie in den Jahren 1590 und 1591 auch in deutscher Sprache und in großer Auflage veröffentlicht wurde.

Unmittelbar nach seinem Erscheinen löste das Traktat De confessionibus zwar eine ganze Reihe von Hexenverfolgungen aus, doch nicht als alleinige Ursache: Unwissenheit, Aberglaube, Geldgier, Sozialneid, Missernten, Teuerung, Kriegshandlungen und Pestepidemien kamen als begünstigende Faktoren hinzu. All dies steigerte die wirtschaftliche Not der einfachen Bevölkerung und verführte dazu, nach ‚Schuldigen‘ zu suchen. Entgegen der landläufigen populären Darstellungen gerieten jedoch nicht nur ‚Kräuterfrauen‘, Hebammen und rothaarige Frauen in das Visier der Hexenjäger – tatsächlich überwanden die Verfolgungen alle Konfessions-, Standes- und Geschlechtergrenzen. Des Weiteren wurde die ‚Ausrottung der Hexen' nicht von der katholischen Kirche und ihren geistlichen Vertretern betrieben, sondern stets von weltlichen Machthabern – aus mitunter recht profanen Gründen – initiiert oder doch zumindest geduldet.

Wie seinen weniger bekannt gewordenen Vorkämpfern Johann Weyer, Anton Hovaeus, Adam Tanner und Cornelius Pleier ging es Spee in seiner Schrift Cautio Criminalis darum, die inhumanen und juristisch fragwürdigen Praktiken der Hexenjäger zu bekämpfen. So verschärfte die zweite Ausgabe der Cautio criminalis aus dem Jahre 1632 die Argumentation gegenüber der ersten sogar noch einmal deutlich. Diesmal diente auch die Fingierung des Erscheinungsorts dem Schutz des Autors: Die Schrift erschien vermutlich in Köln und nicht, wie auf dem Titelblatt angegeben, bei dem Verlag eines gewissen Johannes Gronaeus in Frankfurt. Daher liegt die Annahme nahe, dass diese Ausgabe mit Wissen und Billigung des in Köln ansässigen norddeutschen Jesuitenprovinzials erschien. Der Erfolg der Schrift gegen die Hexenverfolgung war so groß, dass noch im 17. Jahrhundert eine mit acht bzw. neun Kupferstichen versehene zweite Ausgabe (sog. „Bilder-Cautio“, 1632), eine weitere lateinische Ausgabe (Posen 1645/47) und Übersetzungen ins Deutsche (Frankfurt a. M. 1649), Niederländische (Amsterdam 1657) sowie ins Französische (Lyon 1660).

Trotz allen Erfolgs blieb der Urheber der Schrift vorerst unbekannt. Kein Geringerer als der Philosoph und Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716) offenbarte die Verfasserschaft Spees an der Cautio und verhalf ihm somit posthum zu Anerkennung.


siehe auch: Werksausgabe


Cautio criminalis 1631 crop

Titelblatt der ersten, anonym erschienenen Ausgabe der Cautio Criminalis, Rinteln 1631. (Bildnachweis)