spee header paderborn

Nach dem Empfang der Priesterweihe wurde Spee abermals an eine andere Wirkungsstätte versetzt: Im Jahre 1623 trat er in Paderborn sowohl eine Professur an der Universität als auch eine Stelle als Seelsorger an der Pfarrkirche St. Pankratius an.

Paderborn selbst war von den Kriegshandlungen schwer gezeichnet – im Januar 1622 nahmen die Truppen des protestantischen Herzogs Christian von Braunschweig-Wolfenbüttel die Stadt im Handstreich ein, vertrieben die in der Stadt liegenden katholischen kurkölnischen Besatzungstruppen und plünderten eine Woche lang ungehemmt Bürgerhäuser, Amtsgebäude und Kirchen. Die Hoffnung der protestantischen Paderborner, unter dem protestantischen Braunschweiger weiterhin frei ihre Konfession ausüben zu können, zerschlug sich jedoch schnell. Bereits im Mai desselben Jahres überließen die braunschweigischen Truppen die Stadt schutzlos der heranrückenden kaiserlichen Armee unter Führung Feldmarschall Johann Jakobs von Bronckhorst-Batenburg, der sich seinerseits an der protestantischen Führungsschicht Paderborns schadlos hielt.

Neben den unmittelbaren militärischen Auseinandersetzungen sorgte der nach wie vor schwelende Konflikt zwischen der mehrheitlich protestantischen Bürgerschaft und der katholischen Obrigkeit für Spannungen. Fürstbischof Dietrich IV. unterwarf nach heftigen Auseinandersetzungen mit der Bürgerschaft schließlich im Jahre 1604 seinem vollständigen landesherrlichen Zugriff, wodurch Paderborn die zuvor errungene weitgehende Selbstständigkeit verlor. Ortsansässige Protestanten sollten durch verschiedene administrative und kirchliche Zwangsmaßnahmen gedrängt werden, zum katholischen Glauben zu konvertieren oder unter Verlust ihres Besitzes das Land zu verlassen. Zusätzlich zu den von Dietrich IV. angeordneten Rekatholisierungsmaßnahmen verschärften die im Hochstift Paderborn durchgeführten Hexenprozesse den Druck auf die protestantisch gebliebenen Untertanen.
Bereits dem Tod des vom Rom nicht anerkannten, weil protestantischen Fürstbischofs Heinrich IV. im Jahre 1585 holte das katholisch gebliebene Domkapitel die Jesuiten nach Paderborn, um die Stadt zu rekatholisieren. Noch im selben Jahr übernahmen Angehörige der Gesellschaft Jesu den Unterricht im örtlichen Gymnasium. Um die Rückgewinnung seiner Untertanen für den katholischen Glauben zu beschleunigen, förderte Dietrich IV. den Jesuitenorden durch mehrere große Schenkungen, die Gründung eines Kollegs, eines weiteren Gymnasiums und schließlich der Universität Paderborn, an die Friedrich Spee 1623 berufen wurde. Dessen Tätigkeiten beschränkten sich allerdings nicht auf universitäre Lehre und Seelsorge; vielmehr wurde er auch bei der Rückgewinnung der protestantischen Stadt- und Landbevölkerung für den katholischen Glauben eingesetzt. Besonderen Erfolg hatte Spee bei der Missionierung von Adeligen, wobei ihm neben seiner umfassenden Ausbildung, bildgewaltigen Sprache und seinem Einfühlungsvermögen sicherlich auch seine adelige Herkunft zum Vorteil gereichten.

Allerdings verliefen nicht alle Missionsversuche Spees so erfolgreich und gewaltfrei ab wie in Paderborn. In den Jahren 1628/29 wurde er in das zum Fürstbistum Hildesheim gehörige, aber überwiegend protestantisch geprägte Amt Peine abgeordnet. Hier trieb Fürstbischof Ferdinand I. von Bayern, der gleichzeitig auch Kurfürst und Erzbischof von Köln war, die Rekatholisierung der Bevölkerung energisch voran. Da Spee die Haltung vertrat, die Bekehrung der nichtadeligen protestantischen Bevölkerung des Amtes mit großer Härte und notfalls mit Gewalt voranzutreiben, wurde der Jesuit im April 1629 Ziel eines wohl protestantisch motivierten Anschlages. Spee trug dabei so schwere Verletzungen davon, dass er nur knapp dem Tode entging und zur Rekonvaleszenz nach Paderborn zurückbeordert wurde.

Doch auch hier sollte es nicht lange friedlich bleiben. Bereits in den Jahren zuvor hatte sich Spee mehrfach in Briefen an den Ordensgeneral in Rom gewandt, um über Missstände in den deutschen Jesuitenprovinzen zu berichten. Da er hierbei aber die örtliche Ordensleitung übergangen hatte, eskalierte der Konflikt mit seinen Mitbrüdern: Spee wurde vorgeworfen, in seinen Lehrveranstaltungen den Orden und dessen Strukturen zu diffamieren; hinzu kam seine gegenüber Kollegen und Studenten geäußerte Kritik an den Hexenverfolgungen. Dies alles führte nicht nur dazu, dass Spee wiederholt nicht zu den letzten Ordensgelübden zugelassen wurde, sondern auch zu seiner Absetzung als Professor für Moraltheologie durch den Rektor der Universität. Allerdings konnte Spee nun die unfreiwillig erlangte Muße nutzen, seine Kritik an den Hexenverfolgungen niederzuschreiben. Seine Schrift Cautio Criminalis, im April oder Mai 1631 anonym bei einem Drucker in Rinteln erschienen, fand rasenden Absatz und wurde von Gelehrten und Geistlichen kontrovers diskutiert. Noch während der Kontroverse um die Cautio floh Spee zusammen mit allen Angehörigen des Paderborner Jesuitenkollegs im September 1631 nach Köln, da Paderborn von schwedischen Truppen eingenommen zu werden drohte.

 

Burg Peine1675
Rathaus von Paderborn, 1613–1620 im Stil der späten Renaissance errichtet. (Bildnachweis)


Theodorianum Paderborn 2
Portal des Gymnasium Theodorianum in Paderborn. Die Inschrift unter der Statue Fürstbischof Dietrichs IV. erwähnt explizit die Jesuiten (Societas Iesu) hin. (Bildnachweis)



Burg Peine1675
Die Burg von Peine auf einer Stadtansicht von 1675. (Bildnachweis)